Studie zu Content Marketing beweist: Alles anders!
Marketingleute entwickeln Content, den sie selbst nicht lesen wollen
Im neuesten BMA Buzz, dem Newsletter des amerikanischen Verbandes der Bussiness Marketing Association wird über eine Studie mit überraschenden Ergebnissen berichtet, die von The Economist Group in Zusammenarbeit mit Peppercomm durchgeführt wurde. Diese Studie mit mehr als 1000 Entscheidern in Unternehmen, vor allem aus dem Marketing, brachte es an den Tag: Content Marketing kann zum Markenaufbau beitragen, aber wenig zum Verkauf, denn Entscheider wollen Insights, z.B. Studienergebnisse, aber auf keinen Fall plumpe Abverkaufs-Werbung. Sie lesen Content am liebsten auf Laptop und Computer. Sie bevorzugen Text gegenüber Video.
Grosse Verheissungen, aber noch falsches Verständnis
Inzwischen haben sich auch viele B2B Marketer wie die meisten B2C Marketingverantwortliche von den Verheißungen des Content Marketings mitreißen lassen. Aktivitäten und Budgets in diesem Feld haben sich explosionsartig entwickelt. Weitere Steigerungen sind geplant, auch von den Befragten. Aber dabei werden allzu viele grundlegende Fehler gemacht. Die Zielgruppen wenden sich ab. Jeff Pundyk, der Studienleiter bei The Economist betont: “Zu viele Marketer und Agenturen haben das Potenzial von Content Marketing nicht wirklich verstanden und wie Content gestaltet werden muss, damit es auch wirklich anspricht.”
Studie mit 1000 Topentscheidern
In der Studie sagen 93 % der über 1000 Befragten, alle global verantwortliche B2B-Marketingverantwortliche und Entscheider, dass sie Investitonen in Content Marketing nicht nur beibehalten sondern sogar noch erhöhen wollen. Und für die meisten der Befragten geschieht das unter der Zielsetzung, den Verkauf an zu kurbeln, also Leads und Sales zu erhöhen. 75 % geben an, dass zu ihrer Strategie gehört, ihre Produkte und Services regelmässig im Content an zu preisen bzw. zu erwähnen.
Widerspruch: Sender wollen mit Content verkaufen, Empfänger lehnen Sales Pitches vehement ab
Das ist jedoch problematisch und steht im Gegensatz zu ihren Aussagen als Empfänger solcher Content-Botschaften. 71% sagten aus, dass sie sich abgestossen fühlen, wenn das Ganze wie ein Sales-Pitch daher kommt. “Das ist nicht ganz unerwartet, aber eine derart starke gefühlsmässige Abneigung ist doch erstaunlich.”, sagt Jeff Pundyk.
Ursache für Fehlsteuerung: Digital-Automation misst clicks und leads statt Markenaufbau
Es gibt auch eine mögliche Erklärung dafür, warum so viele Content Marketer offensichtlich in die falsche Richtung laufen. Obwohl 85 % der Befragten sagten, dass das oberste Ziel Markenaufbau (brand building) und die Schaffung einer positiven Wahrnehmung ihres Unternehmens ist, gaben auch 70 % zu, dass sie den Erfolg ihrer Content- Massnahmen mit der Anzahl von Rückrufen von Interessenten oder Kunden messen. Darin liegt das Problem: wenn Markenaufbau das Ziel ist, dann sollte nicht Sales das Messkriterium sein.
Social media hat die Tür dafür geöffnet, dass Content an eine große Anzahl von Empfängern via e-mail und social media Kanälen verteilt werden kann. Es ermöglicht Massendistribution, die verspricht, Werbung durch ein Content Model zu ersetzen. Damit sind jedoch riesige Investitionen in Marketingautomation verbunden und die müssen sich bezahlt machen. Das wiederum verlangt Content-Massnahmen, die auf die mit den Systemen nachweisbaren Messkriterien einzahlen, und das sind nun mal Clicks und Leads. Aber genau solche Absatzwerbung wollen die Empfänger von Content Marketing nicht.
Entscheider wollen Studien, Strategien und Erfahrungsberichte
75 % der Business-Entscheider sagten in der Studie aus, dass sie in erster Linie nach Studien- und Forschungsresultaten recherchieren. Strategische Ansätze und Analysen sind bei 34 % der Befragten beliebt, dabei vor allem die Ansichten und Erfahrungen ihrer Branchenkollegen. Weitere 24 % schätzen die Analyse komplizierter Angelegenheiten und neue Business-Themen, in denen sie sich noch nicht ganz zu Hause fühlen.
“Solcher Content kann sehr gut den Marken- und Reputationsaufbau einer Marke verbessern, es mag zwar nicht direkt zu erhöhten Verkaufs-Leads führen, aber es kann dazu beitragen, letztendlich doch mehr Abschlüsse zu tätigen.” sagt T. Birkhahn, einer der Mitautoren der Studie. Natürlich ist das schwieriger zu messen.
Content Marketing ist am besten, wenn die gelieferten Informationen von den Lesern oder Betrachtern als relevant und nützlich geschätzt werden. Dann kommen diese Leser immer wieder zu der Publikation zurück. Auch wenn der Content nicht direkt zu den Produkten und Services verlinkt geht es darum, die Marke in die Köpfe und die Herzen derjenigen zu bringen, an die verkauft werden soll. Ausserdem geht es darum Glaubwürdigkeit zu erlangen, dass man eine gute, intelligente, zuverlässige Quelle für interessante Informationen ist.
Die Messkriterien sollten in erster Linie auf Marken- und Reputationsaufbau ausgerichtet sein. Dann kann auch wirkungsvolles Content Marketing gestaltet werden. Dann können sich Content und Marke gegenseitig befruchten. 89% der befragten Businessentscheider sagten nämlich auch, dass die Absendermarke sehr wichtig für die Akzeptanz eines Contentartikels ist.
Executives ziehen Textartikel Video vor und lesen diese lieber am Computer als auf dem Smartphone
Überhaupt lesen die Befragten am liebsten den Content in Form von Artikeln (71 %) , gefolgt von Forschungberichten (51 %) und Newslettern (19 %). Video ist nicht beliebt, zumindest bei den befragten Executives. 78 % dieser wohl etwas älteren Gruppe sagt auch, dass sie den Content auf dem Laptop oder Desk-Top-Computer lesen, obwohl sie alle Smart Phones haben.
Befragung von repräsentativer B2B Entscheidergruppe liesse noch extremere Ergebnisse erwarten
Wenn das im technologischen Vorreiterland USA, aus dem wohl die meisten Befragten stammen, schon so ist, wie ist es dann erst in unserem printorientierten Deutschland? Und welche Ergebnisse erhält man, wenn nicht die “Early Mover” aus den Marketingabteilungen befragt werden, die ein Interesse daran haben, ihre Investitionen in Content Marketing zu rechtfertigen, sondern die Mehrzahl in den Entscheidungsgremien in Unternehmen, die Einkäufer, Finanzmenschen und technische Spezialisten?
Wertigkeit von Contentmarketing wird zurecht gerückt
Auch schon die vorliegenden Ergebnisse lassen die Wertigkeit von Content Marketing in einem anderen Licht erscheinen. Content Marketing ist weder billig noch kann es Werbung ersetzen, wie uns seine Protagonisten glauben machen wollen. Diese Regel gilt noch viel mehr für den B2C Bereich, in dem Content Marketer versuchen in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld mit Unterhaltung zu punkten. Aber Content Marketing ist, wenn es richtig gestaltet wird, ein wertvoller Baustein im Marketingmix, mit dem man sich als “thought leader” und vertrauenswürdiger Partner profilieren und damit die Markenreputation verbessern und/oder durch unterhaltsame Geschichten eine emotionale Verbindung von Marken und Menschen schaffen kann.
Originalbericht über die Studie: Christopher Hosford in BMA Buzz 2015: A content disconnect
Transcreation und Kommentare: Ingrid Wächter-Lauppe, GF Wächter Worldwide Partners
Autorin
Ingrid Wächter-Lauppe
Geschäftsführende Gesellschafterin der Wächter Worldwide Partners
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